Ein Gespräch gegen das Vergessen - Holocaust-Überlebende besucht 80 Jahre nach Kriegsende die Heinrich-Roth-Schule

„Diese Geschichte handelt von einem Kind, das mit 6 Jahren zum Tode verurteilt war… Dieses Kind war ich.“ Mit diesen Worten begann die 90-jährige Henriette Kretz ihre Erzählung und zog die Schülerinnen und Schüler der Klassen 9a und 10a sofort in ihren Bann. Begleitet wurde sie dabei von Dr. Marc Fachinger vom Projekt „ZEITZEUGEN“ des Bistums Limburg. Organisiert wurde diese Zeitzeugenbegegnung von der GL-Lehrerin Frau Hoschkara.

Seit über 20 Jahren besucht Henriette Kretz, die in Stanisławów (heute in der Ukraine gelegen) geboren wurde, Schulen, um von ihren Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg zu berichten und eindringlich zu mahnen, dass so etwas niemals wieder geschehen darf. Als jüdische Familie mussten sie und ihre Eltern sich vor den Nationalsozialisten verstecken. Mit acht Jahren wurden ihre Eltern ermordet. Henriette Kretz konnte fliehen und überlebte die Verfolgung in verschiedenen Verstecken. Heute lebt sie in Antwerpen. Sie betonte, dass alle Menschen, die während des Holocausts den Juden geholfen haben, für sie Helden seien, weil sie ihr eigenes Leben riskiert haben.

Die Schülerinnen und Schüler, die von ihren Lehrerinnen Frau Gattermann und Frau Hoschkara begleitet wurden, hatten im Unterricht bereits viel über den Holocaust gelernt. Doch die persönliche Geschichte einer Zeitzeugin berührte viele der Anwesenden tief. Während ihrer Erzählungen herrschte im Raum absolute Stille.

Frau Kretz machte den Jugendlichen deutlich, wie wichtig die Demokratie ist und dass sich jeder für sie sowie für die Meinungsfreiheit einsetzen sollte. Das sei allerdings nur möglich, wenn man selbst denkt und entscheidet. Man sollte nicht andere für sich denken lassen!

Nach fast eineinhalb Stunden konnten die Jugendlichen noch Fragen stellen. Auf die Frage nach ihrem Lebensmotto antwortete Frau Kretz: „Leben“, denn man müsse immer nach vorne schauen. Dennoch dürfe man das Geschehene nicht vergessen. Es gibt keine unterschiedlichen Rassen – nur eine Rasse: die „Menschenrasse“.

Wir bedanken uns sehr herzlich bei Frau Kretz für ihr Kommen. Es ist ungemein wichtig, dass wir heute noch über die Geschehnisse der damaligen Zeit sprechen. Ein großer Dank gilt auch Herrn Fachinger, der durch das Projekt „ZEITZEUGEN“ die Vergangenheit mit der Gegenwart verbindet und den betroffenen Überlebenden die Möglichkeit gibt, ihre Geschichten zu erzählen.

 

Text: Anne Hoschkara
Fotos: Henrike Gattermann